Entwicklungskonzeption zur Schaffung eines „Zentrum für Mitteldeutsches Wandermarionettentheater“
im Hinteruhlmannsdorfer Komödiantenhof in Engertsdorf
Zielstellungen:
A) Erwerb und Betrieb eines funktionstüchtigen, möglichst kompletten,
originalen, historischen Wandermarionettentheaters. Dieses Theater soll
im Probensaal aufgestellt werden und für Projekte, Workshops, Lehrvorführungen
sowie Studien- und Forschungszwecke zur Verfügung stehen. Nutzer
können Fachleute, interessierte Laien, Puppenspielstudenten, Bühnenbildner,
Theatermaler, Figurenbildner und Figurentechnologen sein, die ein Interesse
an der Gewinnung von Erfahrungen im Umgang mit historischen Spielweisen
etc. haben. Der komplette Fundus an Figuren, Dekorationen, Kostümen
und Requisiten und die originalen Textvorlagen ermöglichen die
Rekonstruktionen von Aufführungen, die dokumentiert werden und
zur Nachnutzung zur Verfügung stehen. Möglicherweise könnten
Projektergebnisse auch öffentlich vorgestellt werden.
B) Aufbau einer Fachbibliothek und Sammlung von Informationen über
Wandermarionettenspieler, deren Arbeitweisen und aller Informationen
über Repertoire, Wirkungsfelder, Strukturen etc. Ebenso wird der
Aufbau einer Textvorlagensammlung betrieben. Dazu gehört auch die
Sammlung von Foto-, Film- und Akustikmaterial, das Information über
die Arbeitsweise, Spiel- und Sprachduktus und Denkweise der Vorfahren
erbringen kann.
C) Einrichtung eines Seminar- und Ausstellungsraumes
im ehemaligen Stall, der für Kurse, Veranstaltungen aber auch als
Versorgungsraum nutzbar sein soll.
D) Aufbau einer „Wagenburg“, d. h. Wohn- und Funktionswagen
der Wandermarionettentheater werden zum einen als Demonstrationsmodelle
für die Lebensweise der Theaterfamilien aufgestellt, zum anderen
dienen sie Gästen, Studierenden, Schülern und Praktikanten
als Übernachtungsmöglichkeiten.
Die Bedeutung eines solchen Zentrums besteht in seiner
absoluten
Einmaligkeit und der
letzten Chance, die dazu
nötige originale, funktionstüchtige Wandermarionettenbühne
überhaupt noch zu bekommen.
Exponate in Museen
sind nie mehr für praktische Arbeit mit ihnen erlangbar.
Der Mitteldeutsche Raum und
die Mittellage der Region Altenburg
im Dreiländereck mit allen komplizierten regionalen Besonderheiten,
die im Zusammenhang mit der Leipziger Teilung der Wettiner und späterer
Verwaltungswirren (Zugehörigkeit zum Bezirk Leipzig bis 1990, zwei
Landeskirchen in einer Gemeinde u.s.w.) sind signifikant geeignet für
das Vorhaben. Die Wandertheater waren schon immer „Grenzgänger“
im wahrsten Sinne des Wortes.
In dieser Region hat sich eine Hochburg des Wandermarionettentheaters
seit jeher befunden! Ein solches Zentrum würde in den drei Ländern,
die den Wirkungsbereich des, von den drei Ländern getragenen Mitteldeutschen
Rundfunks umfasst, sinnvoll seine Kulturlandschaft ergänzen. Der
Freistaat Sachsen verfügt über eine der bedeutendsten
Sammlungen zum Thema Puppentheater mit einem Schwerpunkt Marionettentheater,
das
Land Sachsen Anhalt beherbergt ein Puppentheatermuseum
mit einem Schwerpunkt Puppentheater nach 1945 in der Region Magdeburg
und der
Freistaat Thüringen ist museumsseitig
mit dem Thema Puppen- und Marionettentheater ein weißer Fleck
auf der Landkarte. Jedoch ein
Zentrum Wandermarionettentheater
in Thüringen, als
„Museum“ zum anfassen
und arbeiten, zum benutzen, bietet
deutschlandweit
einzigartige Möglichkeiten der Beschäftigung mit
unserer spezifischen Kultur- und Theatergeschichte
für
eine breit gefächerte Gruppierung von Nutzern. Für
Profis und Laien, für Studierende und gestandene Fachleute aber
auch für Schüler könnte ein außerschulischer Lernort
entstehen, der musische, geschichtliche und praktische Lernaufgaben
synergetisch miteinander verknüpfen kann. Ein besonderer Vorteil
besteht in der Tatsache, das sich im Verein Mitglieder befinden, die
selbst noch aus der Tradition stammen und sie teilweise als nahezu letzte
Vertreter verkörpern und auch aus Mitgliedern, die über Jahrzehnte
lange intensive Erlebnisse und Kontakte zum Wandermarionettentheater
verfügen. Doch auch diese letzten Vertreter sind nicht unsterblich.
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